Das Thüringer Rhönhaus schreibt ein Stück Regionalgeschichte. Lesen Sie nachfolgend von der Entwicklung dieses wunderbaren Kleinods in der Thüringer Rhön.
Das Thüringer Rhönhaus am Ellenbogen und dessen Geschichte im Wandel der Zeit
Schon früher wurde in vielen Büchern dieser Landstrich hier oben am Ellenbogen, nahe dem Dreiländereck Hessen-Bayern-Thüringen als „Arme-Leute-Land“ bezeichnet. Grund hierfür waren viele Steine, schlecht erschlossene Wege und auch der landwirtschaftlich schlecht nutzbare Boden.
Geschichtlich jedoch, war das „Ellenbogen-Gebiet“ schon immer sehr interessant. Schon seit Jahrhunderten gab es das alte Rhönhaus welches mit der Zeit immer wieder umgebaut wurde.
Es stand an der Weidquelle und diente anfangs zum umspannen der Pferde z.B. bei Jagden. Später dann, bis 1945 als Wochenendausschank für die Frankenheimer und Oberweider.
Nach 1945 im Schutzstreifen stehend, wurde es abgerissen – der Gedenkstein findet sich heute auf der Außenanlage des Thüringer Rhönhaus wieder. Die Inschrift lautet „Es grüne die Tanne, es wachse das Erz. Gott schenke uns allen ein fröhliches Herz.“.
1920er Jahre
Auf dem Gelände des heutigen Thüringer Rhönhaus stand schon in den 1920-iger Jahren eine Jugendherberge (dort wo sich jetzt das Tiergehege befindet) mit mehreren Räumen und 50 Betten welche auch als Wintersport-Hütte errichtet und eingeweiht wurde. Diese wurde von den Wirtsleuten Elmrich betrieben.
Es gab schon damals grüne Faßbrause und auch Stocknägel für die Wanderstöcke zu kaufen. Etwas später wurden diese Räumlichkeiten auch für Arbeitslose und Notstandarbeiter welche im Ellenbogen-Gebiet arbeiten mussten, genutzt. Von ihnen wurden Rodungen vorgenommen und Entwässerungsanlagen gebaut.
1930er Jahre
Im September 1932 wurde dieses Gebäude vom freiwilligen Arbeitsdienst vereinnahmt. Die Wirtsleute Elmrich wurden mit der Versorgung über eine Kantine beauftragt. Das gesamte, zunächst nur gepachtete Gelände wurde als erstes Musterlager des freiwilligen Arbeitsdiensts in Thüringen errichtet (mit 14 Kasernen).
Nach dem Aufbau wurden neben der Ausbildung am Spaten der Straßenbau, Entsteinungen, Rodungen und Nutzbarmachung der Steinflächen vorangetrieben. Nach 1935 wurde hier für Kriegszwecke mit ausgebildet. Es gab den Spruch: Steine graben und wenig Brot – heute Arbeit und morgen Tod (im Krieg).
1940er Jahre
Mit Kriegsbeginn änderte sich auch die Lage am Ellenbogen. Im Frühjahr 1941 wurden die meisten Kasernen, welche in Ständerbauweise errichtet waren, wieder demontiert und in Kaltennordheim oder Tann auf die Bahn verladen und nach Bilice bei Warschau gebracht. Hier wurde sie wieder für einen Feldflugplatz aufgebaut. Diese Gebäude stehen dort als Schweineställe wahrscheinlich noch bis heute – auch die Jugendherberge selbst ist wohl dorthin gebracht worden.
Nach einiger Zeit (ca. 1942/1943) wurde erneut ein Ellenbogenlager welches eine Notmannschaft (Arbeitsdienstler) hatte, wieder neu und größer aufgebaut (2. Neuaufbau). Diese Baracken wurden kurzfristig in Wernshausen hergestellt und hier montiert. Dieses wurde im April 1945 geplündert und ausgeraubt – ab da stand es einige Zeit leer.
Ab 1946 pachteten die Eltern von Hartmut Lümpert die große Kaserne als Gasthaus. Es wurde auch für die Grenzpolizisten, zu dieser Zeit noch in den blauen Uniformen, mitgekocht. Die Grenzpolizei war anfangs in einem noch stehenden Nebenhaus untergebracht. Für Anni und Willi Lümpert gab es durch die Grenznähe und vor allem die politische Lage immer mehr Probleme. Es gab Spitzel und auch „Hamsterer“ (Schieber, welche Ware Ost/West verschoben). Doch es ergab sich mit der Zeit eine Idee zur Gründung einer neuen Jugendherberge mit dem Namen „Freundschaft“. Diese Jugendherberge hatte 45 Betten und vier eingestellte Mitarbeiter – zunächst im kleineren Rahmen auf der ersten Etage, später wurde das ganze Haus als Jugendherberge genutzt / übernommen.
So mussten die Eltern von Hartmut Lümpert mit ihren drei Kindern Hildegard, Wilma und Hartmut und einer Kuh wieder zurück nach Oberweid. Die restlichen Baracken wurden abgerissen. Fünf der kleineren Baracken wurden abgebaut und kamen nach Oberweid – drei davon bekamen ortsansässige Handwerker zur Verfügung gestellt und zwei größere wurden für die Blaue Grenzpolizei wiederaufgebaut. Auch ein Toilettenhäuschen gehörte dazu.
Später wurden die Baracken für Flüchtlinge genutzt, bis diese in Wohnungen im Ort einzogen. Danach wurden die Häuser bis zum Abbau noch als Kindergarten genutzt.
Das Wiesengelände am Rhönhaus wurde jedoch weiter von Hartmut Lümperts Vater für die Heuernte gepachtet. Bei der Mithilfe von Mäharbeiten lernte Tochter Wilma ihren zukünftigen Ehemann kennen – Grenzer Werner.
Die Jugendherberge und das Wintersportzentrum (Leistungszentrum für Bob-Sport des Sportbundes) bestand einige Zeit, wurde dann aber wegen der Grenznähe aufgegeben. Nun gab es wieder Plünderungen und Abbau von Teilen der Gebäude. Langsam kam die Neuformierung der Grenzpolizei in anderen Uniformen.
1950er und 1960er Jahre
Am 18.3.1953 wurde das Gebäude von der neuen Grenzpolizei übernommen, welche wegen der vielen Zerstörung zuerst in Zelten schlafen mussten. Es wurde alles wiederhergerichtet und von Generalmajor Gartmann seiner neuen Bestimmung übergeben. Die für die Verpflegung beschäftigten Küchenfrauen kamen alle aus Frankenheim. Zum Bestand des Lagers gehörten auch Pferde mit entsprechenden Stallungen. Die restlichen Gebäude wurden bis ins Jahre 1963 von der Grenzpolizei genutzt. Die große Kaserne wurde dann nach Meiningen verkauft und neu aufgebaut (und später wieder abgebaut).
Das sogenannte „Führerhaus“ wurde gleich in der Nachkriegszeit von Flüchtlingen belegt. Es waren die Familien Gärtner, Kettler und Hofmann mit Kindern. Diese Familien welche nach und nach in den Westen gingen. Später dann zog ein Förster (Herr Kionschek), welcher aus den Ostgebieten kam, ein. Als dieser wieder fortzog, wurde das Haus von der Förster-Familie Gerhard Deutsch aus Winterstein belegt. Als nächster Mieter zog die Familie Tittel aus Frankenheim mit Kindern hier ein. Ab dem Jahre 1963 ging das Haus bis zur Wende in staatliche Verwendung über.
1990er Jahre
Bei einem Spaziergang im Herbst 1989 kamen Erika und Hartmut Lümpert auf den Gedanken wieder in die Fußstapfen der Eltern von Hartmut zu treten und einen Antrag zum Kauf des Hauses zu stellen. Ende April 1990 war dann in Oberweid im Beisein von Bürgermeister Harry Albert die Schlüsselübergabe durch das UKA Breitungen. Der Verkauf wurde später durch das Bundesvermögensamt abgewickelt.
Durch diese „schnelle Idee“ wurde der Gesamtrhön ein Objekt erhalten, welches sich sicher jemand unter „den Nagel gerissen hätte“. Nie wäre hier eine Gastronomie mit Übernachtungsmöglichkeit wieder entstanden. Seit dem 6. Mai 1990 gibt es das Thüringer Rhönhaus nun als Gaststätte.